Zwei Männer, zwei Räder – eine Mission

Spendenaktion gegen Meeresverschmutzung

Das wollen Andreas und Markus aufräumen.

Verden / Hamburg. Der Autor Andreas Winkelmann und der Schauspieler Markus Knüfken haben sich einiges vorgenommen: Die beiden Männer wollen 7.600 Kilometer um Nord- und Ostseeküste fahren, auf Lastenrädern. Dabei wollen sie die Strände an der Küste von Plastikmüll befreien. Überall dort, wo sie im Zelt übernachten, sammeln sie den Müll ein, wiegen und dokumentieren ihn. Anschließend wird er ordnungsgemäß entsorgt. Während der dreimonatigen Tour rufen die beiden über ihre Social-Media-Kanäle (Instagram, geplant sind auch Facebook und TikTok) zu Spenden auf. Gesammelt wird für die gemeinnützige Organisation „One Earth – one Ocean“ (OEOO), ganz konkret für ein neues Müllsammelboot namens Seehamster.

Zwei Freunde – ein Gedanke: Lass uns die Meere vom Plastikmüll befreien! (Links Andras, rechts Markus)

Beide Männer haben hinlänglich Outdoor-Erfahrung. Über ihre gemeinsamen Wandertouren haben sie im letzten Jahr das Buch „Wilder wird’s nicht“ veröffentlicht. Doch Wandern und Kanufahren ist nicht dasselbe wie Radfahren. Andreas gibt zu, in den letzten Jahren „nie länger als zwei Stunden“ auf dem Rad gesessen zu haben. Auch bei Markus sind längere Radtouren schon einige Jahre her. Die geplante Testfahrt von Bremen nach Cuxhaven fiel leider aus, da die Lastenräder der Bremer Manufaktur Velo-Lab noch nicht abholbereit waren. Die Akkus der elektrisch unterstützten Räder waren von den Lieferschwierigkeiten des globalisierten Weltmarktes betroffen. Markus hat dann das Cargobike von Bremen bis nach Hamburg gefahren, da aufgrund der Orkanwarnungen an dem Tag keine Züge mehr fuhren. In einer zweiten Etappe ging es von Hamburg an die Ostsee. „Der Rest der Vorbereitung läuft in den ersten zwei Wochen der Tour“, hofft Andreas.

Bei der Testfahrt hatte Markus noch gutes Wetter…

In Deutschland und Dänemark fahren die beiden auf flachen Küstenstraßen. In Norwegen wird es dann ein schon bergiger. 40 Kilogramm Gepäck pro Person haben sie dabei, zehn Kilogramm allein wiegt die technische Ausrüstung, wie Drohne, Kameras, Stativ usw. Bei Tagesetappen von bis zu 100 Kilometern und einer realistischen Reichweite von 80 Kilometern rechnen die beiden damit, ab und zu ohne Unterstützung fahren zu müssen. „Wenn gar nichts mehr geht, müssen wir einfach so in die Pedale treten“, ist sich Markus bewusst.

„Wir sind ja nicht wirklich in der Wildnis“, meint Andreas. In Strandnähe gebe es Restaurants, Cafés und Campingplätze, wo sie die Akkus aufladen wollen. Sie suchen den Kontakt zu den Menschen vor Ort, schon alleine, um diese auf das Plastikmüllproblem aufmerksam zu machen. Markus wurde eine hilfreiche App für Radreisende empfohlen, sie heißt „Warmshowers“ und funktioniert nach dem „Couchsurfing“-Prinzip. Privatleute stellen dort ihre Dusche, Waschmaschine und eventuell eine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung. Dieses soll auch zum Aufladen genutzt werden.

Aufgrund der aktuellen Situation haben die beiden die Tour-Route geändert und fahren nicht mehr durch Russland.

Bisher waren die beiden rein naturerlebnismäßig unterwegs und wollten Abenteuer erleben. Jetzt steht zuallererst der Gedanke Geld und Aufmerksamkeit zu generieren im Vordergrund. „Wir lieben die Natur und wollen etwas für die Natur tun“, betont Markus. Beide gehören zur „Parents for Future“-Generation und wollen nicht nur quatschen, sondern etwas tun. Wer das Problem sieht, muss auch handeln, finden beide. Inspiration habe der Film „Biking Borders“ gegeben, bei dem ebenfalls zwei Männer Spenden gesammelt haben, in dem Falle 100.000 Euro für den Bau zweier Schulen in Guatemala.

Andreas und Markus wissen noch nicht genau, welcher Zeitaufwand für das Erstellen von Bildern und Videos und dem Aufbereiten für die sozialen Netzwerke auf sie zukommt. Das werde richtig Arbeit werden: „Wir machen, wie es wir können und die Gegebenheiten sind“, sagt Markus. Täglich wird es einen aktuellen Stand über die Spendenhöhe geben. Für das Projekt wurde extra ein neuer Kanal eingerichtet. Dieser ist unter „Big Biking Cleanup“ zu finden. Das gespendete Geld soll in ein Müllsammelboot namens Seehamster fließen. Dieses ist das kleinste Boot des Sammelkonzeptes von OEOO und kostet etwa 20.000 Euro. Die Boote sammeln Müll und bringen ihn zur nächstgrößeren Einheit, der „Seekuh“. Als „Seeelefant“ bezeichnet wird das größte Boot, ein Tanker auf dem der Müll angeliefert und sortenrein getrennt wird. Ein Teil kann direkt an Bord in Treibstoff umgewandelt werden. „Ziele müssen realistisch sein“, findet Winkelmann und möchte genügend Spenden für den „Seehamster“ einwerben.

Der „Seehamster“, der über die Spenden finanziert werden soll.

Drei Monate wird ihre Reise dauern. Beide waren schon einige Male zusammen unterwegs und kennen die Eigenarten des Anderen. Doch drei Monate sind eine Premiere. „Wir werden uns bestimmt mal in die Haare kriegen“, ist sich Andreas gewiss. Markus sagt, es „funktioniert auch, wenn man sich mal streitet.“ Der eine bleibt stoisch, der andere werde hektisch. „Wir wissen um die Unterschiede. Das ist Freundschaft, wie man damit umgeht, wie der andere ist“, sagt Andras. Beide eint und verbindet die Liebe zur Natur. „Miteinander auch schweigen zu können“, ist Markus wichtig. Beide Männer hatten den Wunsch nach einem längeren Zeitraum für ihre Touren. Bei beiden spielt die Familie mit. Andreas Frau und Tochter sind von dem Projekt begeistert, sagt er. Sie finden es spannend, es sei kein Streitthema gewesen. Auch Markus‘ Frau sei von Anfang an total begeistert gewesen. Sie wüsste, wie wichtig es für ihn sei, dass er ein Projekt habe.

Bei der weiteren Ausrüstung wie Funktionskleidung, Zelt und Schlafsäcken wurde auf nachhaltige Produkte geachtet. Eine große Überraschung sei beispielsweise der Hersteller Triple2 aus Verden gewesen. Die Radbekleidung ist zum Teil aus recyceltem Meeresmüll hergestellt. Die „grünere Wahl“ ist beiden wichtig. Die Daunenschlafsäcke sind ebenso aus recycelten Materialien hergestellt wie die Schuhe. Der nachhaltige Gedanke steckt in allen Ausrüstungsgegenständen.

Ein Nebenaspekt der Tour soll sein, dass die beiden elektrifizierte Lastenräder für die praktikable Antwort auf eine umweltpolitische Verkehrswende in Stadt und Land halten. Sie wollen mit ihrer Aktion zeigen, was noch so alles in ihnen steckt.

Die Aktion „Big Biking Cleanup“ startet am 14. April 2022 beim Globetrotter-Stammhaus am Wiesendamm 1 in Hamburg.

Das gesamte Bildmaterial dieses Artikels wurde mir von Andreas Winkelmann und Markus Knüfken zur Verfügung gestellt.

Hinweis nach Bloggerkodex: Dieser Artikel erschien zuerst im Tarmstedter Magazin, Heft 64. Kostenlose Werbung, da Produktnennung und Links.

Einfach mal selbst aufs Rad steigen

Jeder gefahrene Kilometer zählt beim Stadtradeln

Grasberg. Der dreiwöchige Wettbewerb namens Stadtradeln startet am 21. Juni und endet am 11. Juli 2021. Zum Mitmachen aufgerufen werden alle Menschen, die im Landkreis Osterholz wohnen, arbeiten, zur Schule gehen oder einem Verein angehören. Alle sieben Gemeinden im Landkreis machen mit. Die Registrierung auf der Internetseite www.stadtradeln.de/landkreis-osterholz ist bereits möglich. Auf der Seite sind die einzelnen Gemeinden hinterlegt. Alle, die sich für eine Gemeinde eintragen, radeln automatisch auch für den Landkreis Osterholz. Die gefahrenen Kilometer lassen sich online eintragen oder beim Fahren per App aufzeichnen.

Im vergangenen Jahr hatte sich der Landkreis Osterholz recht spontan für die Teilnahme am Stadtradeln entschieden. Aus diesem Grund wurde die Aktion relativ wenig beworben. Trotz des eher ungünstigen Termins im Spätsommer beteiligten sich 510 Personen, die 101.697 Kilometer sammelten. Es sei eine Super-Aktion während der Pandemie gewesen, so der Landrat. Das Ergebnis wolle man gerne steigern. „Auch in diesem Jahr wollen wir wieder gemeinsam kräftig in die Pedale treten“, erklärt Lütjen. Zum Pressegespräch radelte Landrat Lütjen von Hambergen nach Grasberg, die einfache Entfernung beträgt immerhin 23,5 Kilometer. Auch Bürgermeister Kristian Tangermann aus Lilienthal nutzte zur Anreise das Fahrrad.

Marion Schorfmann, die Bürgermeisterin von Grasberg, überlegt in ihrer Begrüßung, wen man alles motivieren und aufs Fahrrad kriegen könne. Zu Pfingsten seien ihr trotz des schlechten Wetters die vielen Fahrradfahrer aufgefallen. In den letzten zwei Jahren hätten viele Menschen das Rad für sich entdeckt. Die Teilnahme am Stadtradeln lohne sich, sowohl für Menschen, die bereits das Fahrrad lieben oder erst wieder anfangen müssten, so Schorfmann. Man wolle „mit gutem Beispiel voran gehen“. An Schorfmanns Rad sei allerdings der Schlauch kaputt, es müsse erst zur Reparatur. Toll wären mehr und bessere Radwege. Man könne einfach mal andere Verbindungen ausprobieren. „Weg von den Wegen, die man immer so hat“, lautet ihr Plädoyer.

Landrat Lütjen ist „fest davon überzeugt, dass wir das Ergebnis vom letzten Jahr toppen können“. Mit seiner klimafreundlichen Anfahrt von Hambergen nach Grasberg habe er laut seiner App dreieinhalb Kilogramm CO² eingespart. Das findet auch Stefan Schwenke, der Bürgermeister von Worpswede, gut. Er kenne den Verbesserungsbedarf des Radwegenetzes seiner Gemeinde. Bestehende Wege hätten Sanierungsbedarf, zusätzliche Strecken könne man gut gebrauchen. Defizite siehe er im fehlenden Radwegekonzept und dem Lückenschluss zwischen Waakhauser Polder und dem ehemaligen Weyermoorer Bahnhof. Um sich als Radreiseregion bewerben, müsse unter anderem die Beschilderung verbessert werden.

Kristian Tangermann, der Lilienthaler Bürgermeister, meint Naherholung habe einen neuen Stellenwert bekommen. Die Umgebung würde anders erkundet. „Es fahren mehr Menschen mit dem Fahrrad zur Arbeit“, so beispielsweise auf dem Jan-Reiners-Weg. Das Ziel der Aktion sieht Tangermann darin, ein neues Bewusstsein zu schaffen. Aus Bequemlichkeit ins Auto zu steigen, müsse hinterfragt werden. Es gäbe eine Alternative. Er selbst nutze das Fahrrad mehr als früher, auch da er Corona-bedingt weniger repräsentative Termine habe. 1.400 Kilometer mit einer Einsparung von 357 Kilogramm CO² seien in einem Jahr zusammengekommen.

Anregung für Fahrradtouren kann die Radwanderkarte das Landkreises Osterholz geben. Diese erhalten alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mitsamt einer kleinen Überraschung zwischen dem 21. Juni und 11. Juli 2011 während der Öffnungszeiten in den Rathäusern und im Kreishaus I in Osterholz-Scharmbeck. In der Stadtradeln-App können über den Punkt „RADar“ Hinweise für eine bessere Radinfrastruktur gemeldet werden. Dadurch erhalten die Gemeinden wichtige Verbesserungstipps. Bislang haben sich 74 Personen für den Wettbewerb registriert. Alle diejenigen, die im letzten Jahr beim Stadtradeln mitgemacht haben, erhalten vom Landkreis eine E-Mail zur Erinnerung. Ebenso werden alle Unternehmen, Schulen und Vereine informiert und um eine Unterstützung gebeten. Unter allen Teilnehmenden werden Fahrradpreise ausgelobt.

Kommentar von Christiane Seeger:

Ich wünsche mir, dass ein Bürgermeister nicht nur seit zwanzig Jahren um die Missstände der Radinfrastruktur in seiner Gemeinde weiß, sondern auch etwas dagegen unternimmt. Bei manchen Politikern weckt eine Aktion wie das Stadtradeln die Begeisterung am Radfahren. Bei anderen sehe ich da persönlich schwarz. Wer noch nicht einmal zum Pressetermin sein eigenes Fahrrad parat hat, wird vermutlich auch den Rest der Kampagne ignorieren. Aber da lasse ich mich gerne eines Besseren belehren.

Info: Stadtradeln ist eine Kampagne des Klima-Bündnis, einem Netzwerk europäischer Kommunen in Partnerschaft mit indigenen Völkern. Das Klima-Bündnis will lokale Antworten auf den globalen Klimawandel entwickeln. Stadtradeln wird als weltgrößte Fahrradkampagne bezeichnet, an der 1.600 Kommunen aus fünf Nationen teilnehmen. Die Aktion wurde 2008 zum ersten Mal durchgeführt.

Landrat Bernd Lütjen, Kristian Tangermann, Stefan Schwenke und Marion Schorfmann (v. l. n. r.) vor dem Grasberger Rathaus. Foto: Christiane Seeger

Liegeradfreunde unterwegs

Herbstlich gefärbte Blätter und Kastanien liegen auf der Straße. Große Traktoren sind auf dem Weg zu ihrem Einsatz – ein normaler Septembervormittag im Dörfchen Buchholz. Plötzlich ertönt lautes Fahrradklingeln in der sonntäglichen Idylle: 16 Liegeradfahrende biegen um die Kurve. Das Ziel der heutigen Tour ist das „Zentrum für Leichtfahrzeugbau“ von Jochen Franke. Der ehemalige Berufsschullehrer baut in seiner Werkstatt zur Zeit Lastenräder. Doch das Herz des 76-Jährigen schlägt seit langem für Liegeräder.

Die Liegeradfahrer*innen biegen um die Kurve . Foto: Christiane Seeger

Als Liegerad wird ein Fahrrad mit einer nach hinten geneigten Sitz- beziehungsweise Liegeposition bezeichnet. Im Unterschied zum herkömmlichen Fahrrad verfügt es anstatt eines Sattels über einen Netz- oder Schalensitz. Die Pedale und das Tretlager sind vorne angebracht. In Buchholz ist eine bunte Mischung von Rädern zu sehen: Liegedreiräder, wahlweise mit zwei Vorderrädern oder zwei Hinterrädern. Die einspurigen Räder werden Kurz- beziehungsweise Langlieger genannt und unterscheiden sich durch die Länge des Radstandes und Wendekreises. Die beiden vollverkleideten Velomobile sehen aerodynamisch aus und erinnern an Raketen.

Susanne Müller ist wegen eines Handicaps auf das Liegerad umgestiegen. Sie fährt jetzt ihr zweites Modell. Ihr erstes Rad stammte aus der Werkstatt von Franke. Trotz einer Lähmung ist sie eine 14-tägige Tour mit zwölf Etappen gefahren, von Nordfrankreich bis nach Weener in Ostfriesland. Zurück nach Bremen ging es dann mit dem Zug. Sie schwärmt von der Bequemlichkeit des Rades und der entspannten Körperhaltung. Kein Sattel bedeute auch keinen schmerzenden Po mehr. Die Nackenmuskulatur sei völlig entspannt und verkrampft nicht. Auch die Handballen, welche sonst den Oberkörper abstützen müssten, würden entlastet.

Susanne Müller auf ihrem Liegerad. Foto: Christiane Seeger

Gunnar Niendorf fährt ein Velomobil, ein Liegefahrrad mit Vollverkleidung. Er hat es gebraucht gekauft, der Vorbesitzer hat den Bausatz selbst zusammengeschraubt. Kinder freuen sich immer, wenn sie die „Rakete“ sehen, sagt er. Sein Auto hat er abgeschafft, die 14 Kilometer zu seinem Arbeitsplatz legt er mit einem seiner Liegeräder zurück. Er fährt keine anderen Fahrräder mehr. Das Liegeradfahren sei die bequemere Art zu fahren, so Niendorf. In Bremen fährt er auf der Straße. Angst habe er dabei nicht. Die Autofahrer seien vorsichtiger beim Überholen, ist sein Eindruck. Das läge wohl daran, dass die Liegeräder noch ein ungewohnter Anblick seien.

Gunnar Niendorf fährt ein Velomobil. Foto: Christiane Seeger

Veranstaltet werden die jährlichen Ausfahrten vom Bremer Liegeradtreff. Immer im September findet eine 2-Tagestour statt. Mit dabei sind Liegeradfreunde aus Bremen, dem Oldenburger Raum, Ostfriesland oder sogar Nordrheinwestfalen. Gestartet wird in Bremen, gemeinsam geht es zu einem touristischen Ziel im Bremer Umland. Worpswede, Bookholzberg oder auch Dörverden waren schon einmal Ausflugsziele. Solche gemeinsamen Touren würden eher selten angeboten, meistens seien Liegeradfahrende allein unterwegs. Das Gruppenerlebnis steht dann auch bei vielen im Vordergrund. Sich zu treffen, miteinander zu reden und zusammen zu fahren, dass mache den Reiz aus. Im Normalfall nehmen 20 bis 30 Personen an der Ausfahrt teil, wegen Corona sind es dieses Mal nur 16. Bei der Unterkunft wurde darauf geachtet, dass Einzelpersonen getrennt übernachten und nur Paare zusammen. Beim Werkstattbesuch tragen alle Masken und achten darauf, Abstand zu halten.

Seit 2009 gibt es die Septembertouren schon. Enno Müller und Hans-Hermann Schmidt organisieren sie seit einigen Jahren. Müller hat mittlerweile drei Liegeräder und fährt kein normales Fahrrad mehr. Darauf zu sitzen, sei ihm „zu hoch“.

Die Bremer Liegeradfreunde treffen sich einmal im Monat zum Stammtisch. Eine monatliche kleine Ausfahrt wird an einem Samstag oder Sonntag angeboten. Weitere Informationen und Termine sind auf der Website https://bremer-liegeradtreff.jimdofree.com/ zu finden. Der Liegeradtreff ist auch bei Facebook vertreten.

Das Zentrum für Leichtfahrzeugbau in Buchholz. Foto: Christiane Seeger
Die Bandbreite der unterschiedlichen Liegefahrräder ist groß. Foto: Christiane Seeger

Unklare Vorfahrtsregelung am Jan-Reiners-Weg in Lilienthal

Radfahren liegt im Trend, besonders in Zeiten von Corona hat dieser stark zugenommen. Pendler meiden den öffentlichen Nahverkehr und setzen auf das Fahrrad, um zum Arbeitsplatz zu gelangen. Für alle Pendler aus und nach Bremen ist der Jan-Reiners-Weg die Verbindung in die Region. Doch leider gibt es an einigen Stellen unklare Vorfahrtsregelungen.


Zuletzt kam es im Mai zu einem Unfall an der Überquerung der Falkenberger Landstraße, Höhe Heckenweg / Timkenweg. Aus dem Heckenweg kommend, zeigt sich die folgende Situation: Die Ampel zeigt grün für Fußgänger und Radfahrer. Die Autos halten. Nach links ist die Falkenberger Landstraße durch eine Hecke verdeckt und nicht einsehbar. Wenn ein schneller Radfahrer von links kommt, kann es leicht zu einer Kollision kommen.

Die Ampel zeigt grün. Darf man darauf vertrauen? Foto: Jan Gaede


Hat das Rotlicht auf der Falkenberger Landstraße für Radfahrer eine Bedeutung? Zumindestens bei der Polizei gab es dazu unterschiedliche Einschätzungen. Die Polizisten aus Osterholz, die den Unfall aufnahmen, weil die örtliche Polizei an dem Tag nicht besetzt war, meinten der Radfahrer auf der Hauptstraße hätte halten müssen. Die Polizei in Lilienthal, die den Fall weiter bearbeitet, geht von Verkehrsgefährdung und Körperverletzung durch die Radfahrerin aus dem Heckenweg aus.

Gilt dieses Rotlicht auch für Radfahrende? Foto: Jan Gaede


Die Verkehrsführung ist an dieser Stelle unübersichtlich, unklar und gefährlich. Es sind weder im Heckenweg, noch im Timkenweg Warnhinweise für Radfahrer vorhanden. Auch in der Falkenberger Landstraße gibt es kein Hinweisschild. Ob sich Radfahrende an der Ampel orientieren müssen, ist nicht eindeutig zu erkennen. Eine entsprechende Haltelinie gibt es jedenfalls nicht. Bei der Verkehrswacht Lilienthal ist das Problem zwar bekannt, man ist aber zur Zeit eher mit sich selbst beschäftigt (siehe Bericht in der Wümme Zeitung).


Schon im Frühjahr hatte der ADFC den Jan-Reiners-Weg unter die Lupe genommen. Der Zustand des Weges sei mäßig, und die Vorfahrtsregeln unübersichtlich, so die ADFC-Vertreter. Im Blick hatten sie schon damals die Lage an der Falkenberger Landstraße auf Höhe des Timkenweges.

Meine Meinung: Ich bin an dem besagten Übergang bei einer grünen Ampel auch immer davon ausgegangen, jetzt fahren zu dürfen. Was nun tatsächlich gültig ist, muss zeitnah geklärt werden! Die Kosten für ein paar Hinweisschilder sollte die Gemeinde verschmerzen können.

Mobilität im Wandel – Kein Carsharing mehr in der Samtgemeinde Tarmstedt

2015 wurde in der Samtgemeinde Tarmstedt ein Mobilitätskonzept Wirklichkeit, welches es sonst nur in größeren Städten gab: Carsharing. Das Besondere an dem Projekt war, dass es sich durchweg um Elektroautos handelte. Eine Mobilitätsstudie wurde durchgeführt und Mitfahrbänke aufgestellt. Vor zwei Jahren kam es zu einer Kooperation, die das Angebot professionalisierte. Die Buchungen konnten jetzt online erfolgen. Dafür war allerdings eine Registrierung beim Anbieter nötig. Dieses etwas umständliche Prozedere schien potenzielle Nutzer eher abzuschrecken. Auf dem Frühlingsfest in Wilstedt gab es einen Stand, wo Unterstützung geboten wurde. Neun Personen hatten sich dabei registrieren lassen. Doch auch die registrierten Nutzer nahmen das Angebot nicht ausreichend an.

Die Folge ist, dass es jetzt nach dem Ende der zweijährige Testphase keine Weiterführung geben wird. Ab September ist es vorbei mit dem Carsharing. Nach fünf Jahren, die nur Verlust erwirtschaftet haben, will keiner der Carsharer weitermachen. Es rechnet sich einfach nicht. Regelmäßige Mieter hat kaum einer der Anbieter.

Traugott Riedesel wird einen Wagen für seine Praxis nutzen. Falls dieser dort nicht im Einsatz ist, kann er es sich vorstellen, ihn unentgeltlich für Ehrenamtsfahrten auszuleihen. Die Praxis hat allerdings Vorrang. Riedesel würde es begrüßen, wenn nach einer Nutzung eine Spende an die Gemeinde erfolgt. Im Autohaus Warncke kann man weiterhin Autos ausleihen. Die Verfügbarkeit ist telefonisch zu klären.

Alex Hinz von Greenwheels sagt: „Leider konnten wir in unserem gemeinsamen Rahmen die Welt (in der Samtgemeinde) in den letzten zwei Jahren nicht grundlegend ändern. Aber doch bin ich überzeugt, dass nicht nur die vielen weisen Worte, sondern auch die konkreten Taten Spuren und gute Erinnerungen hinterlassen werden, die die positive Entwicklung in der Zukunft erleichtern wird.“ Carsharing brauche einen langen Atem.

Die Carsharer schieben keinen Frust. Im Gegenteil: es habe Spaß gemacht, sich mit dem Thema Mobilität auseinanderzusetzen. Perspektivisches Denken entspricht nicht immer der Wirklichkeit, das haben sie dabei gelernt. Privat sind alle überzeugt von der Elektromobilität und bleiben dabei. Lastenräder könnten ein neues Thema für die Gruppe werden.

Es gibt noch viel Potential für Verbesserungen in der Samtgemeinde. Die Sicherheit für Radfahrer im öffentlichen Raum beispielsweise. In Wilstedt arbeitet man daran, Hinweisschilder für Autofahrer aufzustellen. Damit soll auf das Abstandsgebot von 1,5 m zu Radfahrenden aufmerksam gemacht werden.

Die Gleichberechtigung der Verkehrsteilnehmer gestaltet sich als ein schwieriger Lernprozess. Autofahrer haben nicht mehr Rechte als z. B. Radfahrer. Es zählt nicht das Recht des Stärkeren! Auf dem Lande zu leben und kein Auto zu haben, würde bei den Menschen das Gefühl amputiert zu sein, auslösen, meint Riedesel. Damit sich das ändert, ist noch viel zu tun. Der Wunsch nach Veränderung muss von unten kommen.

Mit dieser Beschriftung waren die Carsharing-Wagen in der Samtgemeinde unterwegs.

Gutes Aussehen ist nicht alles!

Seit einiger Zeit gibt es viel Werbung für das Vanmoof S3. Das Elektrorad sieht sehr stylisch aus und ist mit einer integrierten Diebstahlsicherung ausgestattet. Ein befreundeter Blogger fragte mich nach meiner Meinung. Meine Antwort dazu lautete, dass ich mir kein Rad in dieser Preisklasse im Netz bestellen würde, ohne einmal damit Probe gefahren zu sein. Mittlerweile gibt es einen Pop-up-Store in Bremen, so dass ich mir das Rad in Echt angesehen habe.

Über einen Link kann man eine Probefahrt buchen, dieses ist aber auch spontan möglich, da mehrere Räder vorhanden sind. Der freundliche junge Mitarbeiter wies mich kurz und knapp ein. Ob frau schon mal mit einem Pedelec gefahren sei, wurde nicht abgefragt. Zum Glück bin ich das schon, denn als Elektroanfänger*in hätte mir diese Einweisung nicht ausgereicht. Einen Helm hatte ich nicht dabei (vorher Stadtbummel) und mir wurde auch keiner angeboten. Nach einer Viertelstunde sollte ich das Rad zurückbringen.

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Der Pop-up-Store liegt mitten in der Bremer Innenstadt, in der Langenstraße. Hier sind viele Fußgänger unterwegs und es empfiehlt sich nicht, dort Rad zu fahren. Ich bin dann in Richtung Schlachte. Doch auch hier war es gut besucht. Mit der sprichwörtlichen Uhr im Nacken konnte nicht zu einer günstigeren Strecke wechseln. „Full speed“ habe ich das Vanmoof somit nicht gefahren.

Stattdessen habe ich die Diebstahlsicherung ausprobiert. Um das Bike abzuschließen, genügt es, das Hinterrad in eine bestimmte Position zu bringen. Zwei Striche müssen zusammen eingestellt werden. Dann einen Knopf drücken (der Mitarbeiter hat es mit einem gezielten Tritt gezeigt) und fertig. Wenn ein Dieb das Rad wegtragen will, macht es sich akustisch und optisch bemerkbar. Das akustische Signal wird dabei immer lauter. Das Display im Oberrohr blendet dazu ein Totenkopfsymbol ein. Der Besitzer bekommt eine Nachricht auf das Smartphone und kann das Rad mittels GPS orten. Ein Dieb würde das Bike sicherlich in einen Transporter einladen, denn es ist ziemlich schwer (19 kg).

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Foto: die beiden oberen Pfeile zeigen die Striche, die zusammen gebracht werden müssen. Der untere Pfeil weist auf den Knopf.

Das Abgeben des Rades ging ebenso kurz und knapp. Die einzige Frage war, ob es Spaß gemacht hätte. Den Preis (1.998,- EUR) kenne ich nur aus dem Internet. Einem sich anbahnenden Verkaufsgespräch brauchte ich somit nicht aus dem Wege zu gehen. Meine Frage nach Leasingmodellen wurde verneint. Dafür sei Vanmoof zu neu am Markt, das sei noch nicht im Angebot. Auf der Website wird es allerdings angeboten.

Das Vanmoof S3 ist in zwei Farbvarianten, grau und schwarz, erhältlich. Es gibt nur eine Rahmengröße. Ich bin 1,75 m groß, mit eher längeren Beinen. Mir war es etwas zu groß. Für kleinere Menschen gibt es ein anderes Modell, das Vanmoof X3. Sieht allerdings anders aus. Die Sattelstütze ist verschraubt, es gibt keinen Schnellspanner. An den Testrädern war der Lack rund um die Verschraubung tüchtig verkratzt. Ich habe noch keinen Fahrradladen gesehen, wo man derart lieblos mit Fahrrädern umgeht!

Das Rad hat ein automatisches Vierganggetriebe. Die Unterstützung lässt sich per Knopfdruck am Lenker einstellen. Der Akku ist fest im Unterrohr verbaut. Ich habe keine Ahnung, wie lange er hält und wie man ihn nachlädt.

Fazit: Das Rad sieht chic aus und die Diebstahlsicherung ist praktisch. Im Fahrbetrieb konnte es mich aufgrund der Testkürze nicht überzeugen. Gerade ein Elektrorad muss man länger testen können, z. B. um zu sehen, wie lange der Akku auf dem Weg zur Arbeit hält. Wie fährt es sich auf verschiedenen Straßenbelägen und bei Steigungen? Die im Vergleich zum herkömmlichen Fahrrad veränderten Fahreigenschaften (Bremsweg, Kurvenlage) müssen eingeübt werden. Ich lege großen Wert auf eine kompetente Beratung durch Fahrradfachleute. Es gibt so viele gute Radläden. Einer ist bestimmt auch in Eurer Nähe. Abschließend noch dieses: Ich trete keine Fahrräder. Niemals!

Hinweis nach Bloggerkodex: Dieser Text enthält meine persönliche Meinung. Ich wurde nicht dafür bezahlt und habe auch keine geldwerte Leistung bekommen. Der Fahrradhersteller und die Typenbezeichnung werden im Rahmen eines Produkttests genannt.

Video: Die Diebstahlsicherung in Aktion. Video / Fotos: Christiane Seeger

 

#Fridays for Future am 24.05.2019

Liebe Leute,

heute sind in 1.600 Orten in über 120 Ländern weltweit Menschen auf die Straße gegangen, um für eine andere Klimapolitik zu demonstrieren. Allein in Deutschland sind es 218 Demonstrationen! Eine wahrhaft globale Protestwelle! Die Radheldin hat heute Vormittag eine Stunde Pause eingelegt, sich ein Leihrad geschnappt und ist zur #FridayForFuture in Bremen gefahren.

Der Termin anlässlich der an diesem Wochenende stattfindenden Europawahl ruft eindringlich dazu auf, das Wahlrecht auszuüben. Ein Großteil der Demonstranten kann dieses leider noch nicht. Umso wichtiger ist es, dass alle anderen es tun!

„Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut!“ ist das Motto der #FridaysForFuture Demonstrationen. Jugendliche haben den Anfang gemacht, mittlerweile sind auch viele Erwachsene dabei: Lehrkräfte, Eltern („Parents for Future“), Wissenschaftler („Scientists for Future“) und viele weitere Aktivisten. Eine große bunte Gruppe, die alle etwas in Bewegung setzen wollen. Ein weiteres „nicht erreichen“ der gesetzten Klimaziele ist nicht akzeptabel! Die Erderwärmung um ein oder zwei Grad ist eben nicht egal! Es geht um die Zukunft von uns allen und zwar JETZT und nicht erst irgendwann!

Hier ein paar Eindrücke:

Diesem Kind war mindestens so warm wie den Eisbären, die jetzt schon unterm Klimawandel leiden!

Wir brauchen EUROPA!!! ❤️🇪🇺❤️🇪🇺❤️🇪🇺

Weitere interessante Aussagen auf Plakaten:

  • Planet retten = Arbeitsplätze retten
  • More Trees, less Assholes“ mit $-Zeichen anstelle der S
  • Fickt mich, nicht das Klima“ – etwas fragwürdig…
  • The World is hotter than Leonardo DiCaprio
  • Rezo hat Recht

Ich finde es gut, dass sich Jugendliche politisieren und für ihre Meinung auf die Straße gehen. Gegen Missstände muss man die Stimme erheben! Junge Menschen spielen halt nicht nur mit ihren Smartphones herum und gucken Schminktipps und Comedy auf YouTube. YouTube ist die Plattform, mit deren Hilfe sich Millionen von jungen Menschen erreichen lassen. Auch mit politischen Inhalten.

@all: Geht am Sonntag WÄHLEN!!

Fazit zum Pedelec-Test

Schneller als gedacht ist er da: Der Moment der Rückgabe, der Abschied also. Gewöhnt habe ich mich schon am meinen mithelfenden Untersatz. Aber nun kommt der nächste Bewerber an die Reihe. Das Mobilitätskalender ist ausgefüllt, mein Kreuzchen zu der Aussage „Ich kann mir vorstellen, auch zukünftig mit einem Pedelec zur Arbeit zu fahren.“ landet bei „ja“.

Mobilitätskalender

Die einzige Bedingung, die für die Teilnehme am Projekt „PendlerInnen auf‘s Pedelec“ gestellt wird, ist das Führen eines Mobilitätskalenders. Jeden Tag notiere ich gewissenhaft die km, die mit dem Pedelec, einem normalen Fahrrad, zu Fuß, mit dem ÖPNV und dem Auto zurückgelegt wurden. Ich versuche im Testzeitraum möglichst wenig Auto zu fahren und lieber das Pedelec einzusetzen. Bei den meisten PKW-Fahrten ist eine oder mehrere Personen (Kinder) an Bord, teilweise auch mit viel Gepäck. Diese Transport- oder auch Mama-Taxi-Fahrten finde ich zuweilen recht nervig. Aber wer im ländlichen Bereich wohnt, kommt leider nicht ganz drum herum. Ein Lastenrad steht mir zur Zeit leider nicht zur Verfügung. Und dann muss man immer noch die Beifahrer motivieren, sich ebenfalls aufs Rad zu schwingen. Das kann je nach Persönlichkeit schwierig sein…

Am Ende sind es 401 km mit dem Pedelec, 28 km mit dem Rennrad und 53 km zu Fuß (inkl. Joggingeinheiten). Der ÖPNV kommt auf 220 km und das Auto auf 666 km. Da war allerdings auch eine Ferntour mit knapp 230 km dabei.

Ich fühle mich fit genug, um auch ohne Unterstützung Rad zufahren. Trotzdem finde ich so ein Pedelec toll. Die Überwindung des inneren Schweinehundes fällt damit gleich viel leichter. Mein Traumrad ist allerdings ein Lastenrad mit Elektrounterstützung. Zum Lastentransport ergibt das wirklich Sinn. Anderen Mitmenschen kann damit auch der Umstieg auf ein nachhaltigeres Transportmittel schmackhaft gemacht werden. Leider gibt es hier draußen noch kein Lastenradsharing oder ein „freies Lastenrad“. Eine sinnvolle Ergänzung, die der Verbesserung der ländlichen Mobilität dient!

Foto: marcus schm!dt

Das Rad habe ich im Rahmen der Aktion „Pendler auf‘s Pedelec“ des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einen Monat lang gefahren. Mehr darüber ist hier nachzulesen.

Tarmstedter eCarsharing Initiative beschleunigt ins digitale Zeitalter

Elektromobilität? Mobilitätswandel auf dem platten Land? Dafür braucht man ein paar Verrückte vor Ort, die das unterstützen und beharrlich sind. Leute, die sich diese Themen zu einer Art Lebensaufgabe gemacht haben. Gut, dass es in einer Gemeinde wie Tarmstedt solche Menschen gibt! Schon seit 2015 betreiben Sie ein eCarsharing auf privater Basis. Alles allein stemmen zu müssen; die Wartung und Abrechnung der Fahrten, immer telefonisch erreichbar zu sein, dass macht man nur, wenn es sich wirklich um eine Herzensangelegenheit handelt.

Eine Mobilitätsstudie, die in Zusammenarbeit der Samtgemeinde Tarmstedt und dem Regionalmanagement entstand, zeigte den Willen der Bevölkerung: Die Nutzung soll niedrigschwellig angelegt sein, dass heißt so einfach wie möglich. Ein Onlinebuchungsprogramm, dass auch automatisch abrechnen kann, wäre die Lösung! Leider außerhalb der finanziellen Möglichkeiten unserer Protagonisten, selbst wenn man weitere Mitstreiter für einen Mobilitätsverein findet.

Da passt es wunderbar, dass es unter dem Dach des VW-Konzernes eine Carsharingsparte gibt, die zwar Greenwheels heißt, aber bislang nur Wagen mit Verbrennungsmotor vermietet. Carsharing im ländlichen Raum ist ebenso wie Carsharing mit Elektroautos Neuland für die Profis und deshalb höchst interessant. Und so wird die eher kleine Samtgemeinde Tarmstedt zum Pilotprojekt für ein Unternehmen, dass bundesweit sowie in den Niederlanden agiert. Darauf kann man mit Recht stolz sein! Zwei Jahre lang währt die Testphase, eine Zeit voller Erwartungen.

Mit dem Tarmstedter eCarsharing gibt es weiterhin die Möglichkeit, sich ehrenamtlich z. B. zu Arztbesuchen fahren zu lassen. Diese Nutzer brauchen sich natürlich nicht extra registrieren zu lassen, in einigen Fällen gibt es nicht einmal einen Führerschein. Auch diese nachbarschaftliche Komponente gefällt den Verantwortlichen bei Greenwheels und so gibt es dafür eine Sonderlösung.

Das Dorf Rhade steht ebenfalls in den Startlöchern für ein eCarsharingangebot, allein die Lademöglichkeit fehlt noch. Und auch der Dienstwagen der Samtgemeinde wird bald an den Wochenenden nicht mehr nutzlos herumstehen, sondern den Fahrzeugpool ergänzen. Weitere Ideen wie Lastenradsharing, ein Ringschluss von Mitfahrbänken und Verzahnung von Bürgerbusangeboten stehen auf der Agenda. Zur Zeit noch Utopie ist das autonome Fahren, aber wer weiss schon, was in einigen Jahren Normalität sein wird…

Um ein Fahrzeug auszuleihen, muss man sich einmalig registrieren. Die Einholung einer Schufa gehört selbstverständlich dazu. Nach dem Einscannen und Übermitteln der Vertragsunterlagen und des Führerscheines erfolgt noch ein sogenannter Ident-Check per Webcam. Das gefällt mir persönlich nicht so gut, da ich mich bei fremden Zugriff auf meine Hardware unwohl fühle. Ich favorisiere eher das Post-Ident-Verfahren, bei dem man persönlich in eine Filiale gehen kann. Nach wenigen Tagen erhält man die Kundenkarte per Post, mit der sich alle Greenwheels-Wagen öffnen lassen.

Ein paar Fakten:

Greenwheels bietet je nach Nutzungsverhalten verschiedene Tarifoptionen. Es stehen in der Samtgemeinde Tarmstedt z.Zt. sechs eGolfs zur Vergabe. Die Standorte sind: Tarmstedt, Wilstedt, Bülstedt, Vorwerk und Buchholz. Bei Rückgabe sind die Fahrzeuge an die Ladestation anzuschließen, damit auch der nächste Nutzer volles Fahrvergnügen hat. Zum Laden unterwegs ist eine Ladekarte an Bord, die Nutzung ist im Mietpreis inbegriffen. Die durchschnittliche Fahrleistung einer Carsharing-Ausleihe liegt laut Greenwheels bei 55 km; die ein eGolf mit seiner realistischen Reichweite von 200 km locker abdeckt. Dem registrierten Kunden stehen nicht nur die Wagen in der Samtgemeinde zur Verfügung, sondern der komplette Fuhrpark von Greenwheels, z.B. in Städten wie Hamburg oder Berlin.

Wie alles ganz genau funktioniert, erfahren alle Interessierten am 29.08.2018 um 19 Uhr im Tarmstedter Rathaus. Auch hochsommerliche Hitze ist kein Grund, den Termin zu versäumen, der neue Ratssaal ist hervorragend klimatisiert!

Auf dem Bild oben freuen sich (von rechts nach links): Traugott Riedesel, Günther Nase, Jochen Franke, Ulrich Kaschner, Wolf Warncke, Frank Holle und Marcel Bonse.

Bild unten: Moderner „Sesam-öffne-Dich“, über den das Auto mittels Karte oder App aufgeschlossen wird. – Fotos: Christiane Seeger

Das Rad – Elektromobilität mal anders

Neongelb leuchtend steht es da; aufsteigen, einschalten und dann ein beherzter Tritt in die Pedale: Jippie! Ein Gefühl kommt auf, als wenn mich jemand anschiebt. So wie damals mein großer Bruder beim Radfahren lernen oder in der Radgruppe, wenn jemand merkt, dass man nicht recht mitkommt und ein bisschen Unterstützung gibt. Ein tolles Gefühl! Es mag Autos geben mit eingebauter Vorfahrt, aber dieses Rad hat den Rückenwind gleich eingebaut, definitiv! Gegenwind verliert jeglichen Schrecken, voller Rucksack nach dem Einkaufen? Pah – völlig egal! Das Fahren geht zügig und ist in keinster Weise anstrengend. Vier verschiedene Modi unterstützen beim Fahren: Tour (damit bin ich meistens unterwegs), Sport und Turbo, sowie Eco, um den Akku zu schonen.

Reichweitenangst, das Schlagwort zum Thema Elektromobilität ist auch hier zu beachten: Als ich das Pedelec in Empfang nehme, zeigt mir der Akkustand nur zwei Balken an. Die komplette Heimfahrt (ca. 20 km) erscheint mir zu risikoreich. Ich kürze ab mit der Straßenbahn. Ah, es ist nur die „Borgfeld-Vier“. Bis zur Endhaltestelle Lilienthal-Falkenberg weiter mit dem Rad. In der Fahrradbox, deren Mieterin ich bin, ist eine Ladesäule. Shit, hab ganz vergessen, dass man die Nutzung der Säule vorher beantragen (und zahlen) muss. Also nur das Rad angekettet, Akku ausgebaut und mit dem Auto nach Hause. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Im weiteren Verlauf des Testmonats relativiert sich das Ganze. Dann kann ich gut abschätzen, wann ich laden muss und wie weit ich damit komme. Nur mit Licht steigert sich der Verbrauch doch erheblich.

Für die Technikverliebten:

Kalkhoff Endeavour Move B9 (Hersteller: Derby Cycle)

Motor und Ladegerät: Bosch

9 Gang Shimano Alivio

hydraulische Scheibenbremsen Tektro T285

Alu-Rahmen

blockierbare Federgabel SR Suntour Nex E25

Sattel Selle Royal Essenza mit Concept Sattelstütze

Reichweite lt. Hersteller: bis 180 km

UVP: 2.699 EUR

Weitere Details auf der Herstellerseite.

Die auffällige Farbe mag nicht jedermann gefallen. Das Rad ist auch in dunklen Tönen erhältlich. Den Sattel finde ich furchtbar unbequem. Aber die wenigsten Menschen, die ich kenne, fahren mit dem Sattel, der vom Hersteller draufgeschraubt ist. Hintern und Sattel müssen einfach zusammen passen. Die Federgabel und Scheibenbremsen gefallen mir gut. Auch wo es mal etwas holperiger zugeht, wie auf Schotter, bleibt das Fahrgefühl angenehm. Die Bremsen sind griffig und verzögern sofort. Einziges No-Go am Rad: die Klingel. Gewöhnungsbedürftige Optik gepaart mit mangelnder Funktionalität: Wenn’s drauf ankommt, verweigert sie den Dienst und klingelt nicht. Hier sollte dringend durch den Hersteller nachgebessert werden! Ansonsten ist nichts auszusetzen am Pedelec.

Fotos: marcus schm!dt

Das Rad habe ich im Rahmen der Aktion „Pendler auf‘s Pedelec“ des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) einen Monat lang gefahren. Mehr darüber ist hier nachzulesen.